Treffpunkt Wirtschaft: Energiewende erfordert kluges Management

Prof. Dr. Claudia Kemfert trägt sich anlässlich des 12. Treffpunkts Wirtschaft in das Goldene Buch der Gemeinde Wallenhorst ein. Foto: Thomas Remme
Prof. Dr. Claudia Kemfert trägt sich anlässlich des 12. Treffpunkts Wirtschaft in das Goldene Buch der Gemeinde Wallenhorst ein. Foto: Thomas Remme
Beim „12. Wallenhorster Treffpunkt Wirtschaft“ referierte Prof. Dr. Claudia Kemfert kürzlich im Wallenhorster Rathaus über die wirtschaftlichen Chancen einer klugen Energiewende.

Bürgermeister Otto Steinkamp und Frank Rauschenbach, Vorstand der Volksbank Bramgau-Wittlage eG, begrüßten als Veranstalter die Abteilungsleiterin Energie, Verkehr, Umwelt beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung in Berlin, die unter anderem als Professorin für Energieökonomie und Nachhaltigkeit an der Hertie School of Governance in Berlin sowie als Beraterin für die Europäische Kommission seit vielen Jahren direkt an der Gestaltung einer nachhaltigen Energiewende beteiligt ist. Die vielfältigen Arbeitsgebiete von Frau Prof. Dr. Kemfert wiesen eine Bündelung von Erfahrung und Stärke auf, die hervorragende Informationen für die Gäste aus Politik und Wirtschaft garantierten würden, so Rauschenbach. Zum zwölften Mal könnten die lokalen Unternehmen so über ein für sie auch unter ökonomischen Gesichtspunkten relevantes Thema informiert werden.

„Auf Grundlage unseres Klimaschutzkonzeptes gehen wir die Energiewende in Wallenhorst nicht nur an, sondern setzen sie auch um“, erläuterte Steinkamp. Der Klimaschutzmanager fülle das Konzept mit Leben und viele Beteiligte setzten sich Tag für Tag mit dem Thema Klimaschutz auseinander. Mit der Rekommunalisierung der Versorgungsnetze sei die Gemeinde Wallenhorst dabei auf dem richtigen Weg.

Rekommunalisierung macht Sinn

Auf die Rekommunalisierung von Energieleitungen ging Prof. Dr. Kemfert auch gleich zu Beginn ein: „Das macht Sinn! An vielen Orten wird die Chance ergriffen, direkt die Ziele der Energiewende zu beeinflussen. Diese Wende ist eine Wende von unten, eine Bürgerwende und eine kommunale Wende, die im Ergebnis die volkswirtschaftlichen positiven Effekte ermöglicht.“ Die Energiewende sei aus ökonomischen Gründen nicht mehr aufzuhalten, denn die Kosten würden immer geringer werden. Im Gegenzug meldeten weltweit immer mehr Unternehmen der Kohleenergie Insolvenz an. Und wer wolle denn noch mit Subvention die ökonomische Entwicklung aufhalten? Bis 2040 sei ein Wachstum der erneuerbaren Energie von 37 Prozent zu erwarten, so die Referentin.

Ab 2025 keine Benzin- und Dieselfahrzeuge mehr zulassen

„In Deutschland ist die Energiewende eine Stromangebotswende“, erklärte Prof. Dr. Kemfert. Die Treibhausgasemissionen von CO2 müssten noch intensiver gesenkt werden. Dieses beträfe alle Bereiche wie Fahrzeuge, Kohlekraftwerke und Gebäudetechnik. Bis 2030 sehe der Klimaschutzplan für Deutschland eine Reduzierung der Emissionen um 60 bis 65 Prozent und bis 2050 sogar um 80 bis 95 Prozent vor. Ab dem Jahr 2025 sollten daher keine Benzin- und Dieselfahrzeuge mehr zugelassen werden.

Deutschland exportiere so viel Strom wie noch nie und wegen des Stromüberschusses müsse niemand einen sogenannten Blackout befürchten. Nach Frankreich werde beispielsweise Strom in einer Menge von zwei Atomkraftwerken exportiert, so die Professorin. „An der Strombörse wird der Strom heute sogar regelrecht verramscht.“ Warum für Kohlekraftwerke in Deutschland neue überregionale Stromtrassen notwendig sein sollten, ließe sich an keiner Stelle belegen – „es wird von den großen Energieversorgern jedoch behauptet.“

Neue Geschäftsmodelle notwendig

Neue Geschäftsmodelle seien notwendig, denn nur durch ein kluges Management seien die Ziele der Energiewende zu erreichen. „Die Hauptaspekte sind hierbei eine Effizienzsteigerung und die Speicherung von Energie. Kohlekraftwerke sind mit ihren Treibhausgasen viel zu billig und passen nicht in eine nachhaltige Energiewende“, beschrieb Prof. Dr. Kemfert. Es sei eine politische Aufgabe hierbei die richtigen Weichen zu stellen. Die Gebäudetechnik müsse so angepasst werden, dass Gebäude selbst Teil der Energiewende würden. „Eine intelligente und neue Gebäudetechnik ist zugleich auch ein sehr gutes Arbeitsfeld für das Handwerk und Energieplaner.“ Es fehle den Immobilieneigentümern bislang jedoch an Investitionsanreizen. Die Verkehrswende erfordere zudem einheitliche Regelungen.

Steigende Strompreise durch erneuerbare Energien nicht zu belegen

Zum geplanten Netzausbau ist Prof. Dr. Kemfert sich sicher, „dass keine zwei Systeme – konventionelle und erneuerbare Energien – nebeneinander betrieben werden müssen. Das vorhandene Netz muss intelligenter gemanagt werden und stellt heute keinen Engpass dar.“ In der Energiewende gebe es immer wieder sogenannte Gespensterdebatten zu Kosten, die inhaltlich nicht belegt seien. Die EEG-Umlage werde politisch hoch gehalten. Steigende Strompreise seien nicht durch erneuerbare Energien zu belegen. Innerhalb der politischen Diskussion sollte besprochen werden, dass steigende Strompreise durch konventionellen Strom verursacht würden.

Als Fazit stellte Prof. Dr. Kemfert fest, dass aufgrund der Bürgerwende erneuerbare Energien in Bürgerhand gehörten. Heute seien dieses bereits 45 Prozent. Dies mache den Erfolg aus und verbessere auch lokal die Wettbewerbsfähigkeit. Die EEG-Reform verfehle hingegen die Ziele der Energiewende und den volkswirtschaftlich positiven Effekten würden so Grenzen gesetzt.

Eintrag ins Goldene Buch

Im Rahmen ihres Besuchs trug sich Prof. Dr. Claudia Kemfert auch in das Goldene Buch der Gemeinde ein. Dabei verriet sie, dass es für sie bereits der zweite Besuch in Wallenhorst sei. Der erste erfolgte als Schülerin auf einer Klassenfahrt. Von damals habe sie noch ein Wappen der Gemeinde, berichtete die gebürtige Delmenhorsterin. Bürgermeister Otto Steinkamp nahm den Ball auf und vereinbarte frei nach dem Motto „Aller guten Dinge sind drei“ sogleich einen weiteren Besuch in Wallenhorst, wenn die Gemeinde die Energieversorgung rekommunalisiert habe.

pm/wa, Foto: Thomas Remme

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Gemeinde Wallenhorst

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