Die Bundestagskandidaten des Wahlkreises folgten der Einladung der Kolpingsfamilie und der Katholischen Arbeitnehmer-Bewegung (KAB) und nahmen an einer Podiumsdiskussion im Saal Barlag in Hollage teil.
Kurz vor acht im Saal Barlag. Hans Stallkamp legt die Krawatte ab, nachdem er etwa 400 Flyer und Broschüren zum Thema Grundeinkommen auf den Besucherstühlen verteilt hat. Er passt sich damit den anderen Teilnehmern der Podiumsdiskussion zur Bundestagswahl an, zu der die Kolpingsfamilie und die KAB Hollage am Mittwoch (6. September) gemeinsam geladen hatten. Man gibt sich volksnah. Lässig, leger, stammtischtauglich – teils auch abgekämpft wirkend. Es ist Wahlkampf. Einzig Filiz Polat, Kandidatin der Grünen, erscheint korrekt gekleidet – sozusagen plenarsaaltauglich.
An den Stehtischen positionieren sich um Moderator Ulrich Waschki (Chefredakteur des Kirchenboten) neben Stallkamp und Polat auch Josef Riepe (Die Linke), Thomas Thiele (FDP) und Mathias Middelberg (CDU). Antje Schulte-Schoh (SPD) hatte kurzfristig krankheitsbedingt absagen müssen. Es heißt also: vier „kleine“ Herausforderer gegen einen „großen“ Titelverteidiger. Und der – so hat man im Laufe der Diskussion öfter den Eindruck – nimmt auch eine Verteidigungshaltung ein.
Mathias Middelberg kontert seine Mitdiskutanten immer wieder mit Zahlen, Daten, Fakten. Er versucht zu erklären und zu rechtfertigen. Das gelingt ihm jedoch nicht immer. Manches präsentierte Zahlenmaterial lässt für die Herausforderer durchaus Interpretationsspielraum zu oder ist nur die halbe Wahrheit. Beispiel: Zum Thema Flüchtlingspolitik lobt Middelberg die Arbeit des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF). Er betont – laut, deutlich und mehrfach – dass das Amt nur 1,7 Monate, also etwa acht Wochen, für die Bescheidung eines Asylantrages benötige. Das sei ein mehr als guter Wert. Polat grätscht dazwischen. Sie erläutert den gut 100 Gästen im Publikum, dass diese Zeitspanne der Zeitraum zwischen Anhörung und Bescheidung sei. Bis die Asylsuchenden aber überhaupt erstmal einen Termin für eine Anhörung beim BAMF bekämen, würden mehrere Monate, teils sogar mehrere Jahre vergehen.
Die Diskussion wird lebhaft geführt. Waschki hat Mühe, die Redezeit der Kandidaten im Griff zu behalten. „Nach dem TV-Duell habe ich gedacht, es wird heute eher langweilig“, sagt er. Das Wort überlässt er den Diskutanten. Nicht ganz so oft reden wie die anderen darf Hans Stallkamp. Das liege bei einer „Ein-Themen-Partei“ in der Natur der Sache, begründet Waschki und kassiert dafür von Stallkamp im Laufe des weiteren Abends immer wieder gleichlautende Seitenhiebe. Dennoch gelingt es dem 79-jährigen sein Thema zu platzieren. Das Bündnis Grundeinkommen (BGE) solle auch mehr ein Werkzeug für die Einführung des Grundeinkommens sein, weniger eine Partei, so der Wallenhorster Kandidat.
Abschließend dankt Waschki für die Diskussion. Sie sei sachlich kontrovers, aber menschlich respektvoll geführt worden. Viele Themen – eigentlich hatte er den Abend in die drei Blöcke Soziale Gerechtigkeit, Familien- und Flüchtlingspolitik unterteilt – seien vermischt worden, „aber ich glaube, es werden doch Unterschiede zwischen den Parteien deutlich.“
A. Th., Foto: André Thöle