Der Rat der Gemeinde Wallenhorst hat in seiner Sitzung im September 2017 ein Förderprogramm für den Austausch von Kühlschränken beschlossen. Dadurch sollen den Bürgerinnen und Bürgern die für den Austausch von Heizungspumpen bereitgestellten, aber zuletzt kaum noch abgerufenen Mittel zugänglich gemacht werden, um Klimaschutz und effiziente Energienutzung weiter zu fördern. Lediglich Ratsherr Markus Steinkamp von den Freien Demokraten hat gegen die Förderung gestimmt.
Es ist im Gegensatz zu effizienten Heizungspumpen mehr als fraglich, ob ein Austausch des Kühlschranks dem Klima nutzt, CO2-Emissionen werden jedenfalls nicht eingespart, sondern erhöht. Kühlschränke produzieren nämlich anders als Heizungsanlagen keinerlei CO2 direkt, sondern beeinflussen den CO2-Ausstoß nur indirekt über den weniger verbrauchten Strom. Wird dieser aus regenerativen, CO2-armen Quellen bezogen (Ökostrom-Tarif), was sich gerade Wallenhorst mit den Gemeindewerken zum Ziel gesetzt hat, produziert der Austausch des Kühlschranks mehr CO2, als er einspart. Energie und Material werden für die Produktion des Neugerätes, für die Entsorgung des Altgerätes sowie für den Transport der Geräte in jedem Fall verbraucht. Die Stromeinsparung führt jedoch lediglich dazu, dass der Ökostrom-Anbieter weniger CO2-arm erzeugten Strom ins Netz einspeisen muss. Aber auch beim Strom aus ganz oder teilweise konventioneller Erzeugung führt ein verringerter Stromverbrauch nicht zu insgesamt verminderten CO2-Emissionen. Diese werden nämlich aufgrund der Funktionsweise des Emissionshandels in Europa an anderer Stelle kompensiert.
Auch das zweite Ziel der effizienteren Energienutzung wird nicht sicher erreicht, sondern kann durch sogenannte Rebound-Effekte sogar ins Gegenteil verkehrt werden. Wenn der neue Kühlschrank größer ist oder z.B. Eiswürfelspender, Abtauautomatik oder Flügeltüren (Side-by-Side) mitbringt, steigern diese Eigenschaften allesamt den Energieverbrauch. So verbrauchen etwa der Förderrichtlinie entsprechende aktuelle A+++ Kühlschränke wie der RS54HDRPBSR/EF von Samsung oder der GN 163040 von Beko viermal (!) so viel Energie wie ein zehn Jahre alter Tischkühlschrank (z.B. Liebherr KTP 1750 w/es oder Miele K 2319 S). Das gleiche geschieht, wenn das gesparte Geld z.B. in neue Unterhaltungselektronik investiert wird. Jeder private Haushalt ist frei, Kühlschränke und andere Geräte nach eigenem Ermessen anzuschaffen, aber die öffentliche Hand muss das nicht bezuschussen.
Neben dem Verfehlen der Ziele liegt ein weiterer großer Unterschied zu den bisher geförderten Heizungspumpen darin, dass Kühlschränke nicht fest verbaut werden. Damit ist die Förderung prinzipiell nicht auf Wallenhorst eingrenzbar. Eine kürzlich durchgeführte Suche in Kleinanzeigen-Portalen im Internet förderte mehrere Dutzend – oft defekte – ausgemusterte Kühlschränke in der näheren Umgebung zu Tage, die bei Abholung verschenkt oder für wenige symbolische Euro abgegeben werden. „Besorgt“ sich jedoch ein pfiffiger Wallenhorster Haushalt vor dem Kühlschrankkauf ein bereits anderswo ausrangiertes Altgerät und führt es der Entsorgung zu, senkt das den Energieverbrauch gerade nicht.
Wenn die Gemeinde nichts weiter für die Umwelt tun würde, wäre der Ehrgeiz verständlich, die Fördermittel an den Mann oder die Frau zu bringen. Dem ist aber mitnichten so. In 2017 wurde u.a. die Stelle des Klimaschutzmanagers verlängert und die Öffentlichkeitsarbeit gefördert, das Carsharing subventioniert, die Elektromobilität durch eine neue Ladesäule für E-Autos gefördert, eine Fahrradstraße eröffnet und die Aufwertung von Blühstreifen begonnen. Auf Sporthallen und Schulen sowie der Feuerwehr in Wallenhorst finden sich Photovoltaikanlagen. All diese Maßnahmen haben die Freien Demokraten in der SPD/FDP-Gruppe gerne unterstützt. Nicht nur deren Nutzen für die Umwelt ist unmittelbar einsichtig, es handelt sich außerdem um Infrastrukturen, die allen Wallenhorsterinnen und Wallenhorstern sowie Besucherinnen und Besuchern zugutekommen. Den bereitgestellten Fördertopf nun „aus Prinzip“ für eine umstrittene Maßnahme ausgeben zu wollen, ist für die FDP daher nicht nachvollziehbar.
Die Freien Demokraten hätten sich – wennschon, dennschon – eine Mittelverwendung gewünscht, von der ebenso alle Bürgerinnen und Bürger etwas haben. Die SPD/FDP-Gruppe hat beispielsweise vorgeschlagen, die zahlreichen Kühlschränke der Gemeinde (Rathaus, Schulen, Kindergärten, Feuerwehrhäuser usw.) zu überprüfen und die Modelle mit der schlechtesten Energieeffizienz zu ersetzen. Hier wäre nicht nur die Energieeinsparung unzweifelhaft, die dauerhafte Minderung der Energiekosten käme auch allen Wallenhorsterinnen und Wallenhorstern über die Entlastung des Gemeindehaushalts fortlaufend zugute. Dabei würde die Datenerhebung bei Bürgerinnen und Bürgern ebenso wie die Bürokratie durch Anträge und Bescheide vermieden.
Alternativ hätte sich die FDP gefreut, wenn eine Förderung von Kühlschränken nicht nur ein Bonus für diejenigen gewesen wäre, die sich einen neuen Kühlschrank auch ohne Prämie leisten können und für die er sich durch die geringeren Stromkosten refinanziert. Es wäre sinnvoller gewesen, gezielt einkommensbenachteiligten Haushalten den Erwerb energieeffizienter Geräte zu ermöglichen. Diese Haushalte haben eher günstige ineffiziente Geräte und sind auf Einsparungen dringender angewiesen, können sich jedoch ein teures effizientes Gerät außer der Reihe oft nicht leisten. Die Kombinationsmöglichkeit mit dem Gutschein des Stromspar-Checks ist ein erster Schritt, aber auch mit einhundert zusätzlichen Euro der Gemeinde müssen einkommensbenachteiligte Haushalte noch rund zweihundert Euro aus eigener Tasche investieren. Das stellt eine Herausforderung dar. Die bundesweit geringe Einlösungsquote der ausgegebenen Stromspar-Check-Gutscheine ist der beste Beleg. Die Freien Demokraten hätten sich gewünscht, dass die Gemeinde z.B. für jeden ausgetauschten Kühlschrank mit Stromspar-Check-Gutschein oder beim Vorliegen anderer sozialer Kriterien wie Wohngeld- oder ALG II-Bezug neben der Prämie ein zinsloses Darlehen von dreihundert Euro gewährt. Dieses Geld hätten betroffene Haushalte zusammen mit den Fördergeldern in einen neuen Kühlschrank investiert. Aus der Ersparnis bei der jährlichen Stromrechnung wäre das Darlehen dann in fünf Jahresraten von je sechzig Euro zurückgezahlt worden. Zinskosten und etwaige Kreditausfälle hätten aus dem Fördertopf problemlos bedient werden können. Hier wären auch kaum übergroße Luxusgeräte angeschafft worden, sodass Rebound-Effekte nicht zu befürchten gewesen wären. Energie wäre eingespart und gleichzeitig wären einkommensbenachteiligte Haushalte entlastet worden.
Nun aber geht das Geld überwiegend an Antragsteller, die sich sowieso einen energieeffizienten Kühlschrank leisten können. Benachteiligt fühlen dürfen sich dabei auch all jene Haushalte, die bereits aus eigener Initiative tätig wurden. Eine Förderung, die vor allem bei denen ankommt, die sie nicht wirklich benötigen und die nicht selbst tätig werden oder gar jenen, die nur besonders pfiffig sind, lehnen die Freien Demokraten ab.
In den vorhergehenden Ausschusssitzungen und der entscheidenden Ratssitzung wurden zudem von Seiten der CDU bereits neue Förderfantasien geäußert, um alsbald auch den Ersatz weiterer Elektrogeräte wie von Wäschetrocknern zu fördern. Wenn die Wallenhorsterinnen und Wallenhorster jedoch gespannt auf den nächsten Geldsegen aus dem Gemeindesäckel oder auf das nächste Haushaltsjahr warten, stellen sie sinnvolle Investitionen zurück. Deshalb schadet es nicht nur dem Gemeindehaushalt, sondern langfristig auch der Umwelt, wenn durch – sicher gut gemeinte – Förderprogramme die Bürgerinnen und Bürger an das süße Gift der Subvention gewöhnt werden.
M. Steinkamp/pm, Foto: FDP Wallenhorst
This post was last modified on 20. September 2017 18:37
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