Am 1. Juli wurde die Gemeinde Wallenhorst in ihrer heutigen Form 50 Jahre jung. Entstanden ist sie im Rahmen der niedersächsischen Gebietsreform 1972. Dieses Jubiläum feierte die Gemeinde am Freitag, 8. Juli, mit einem Festakt im Ratssitzungssaal.
Zu dieser „goldenen Hochzeit der vormals selbstständigen Gemeinden Hollage, Lechtingen, Rulle und Wallenhorst“, wie Bürgermeister Otto Steinkamp es in seiner Begrüßung formulierte, waren rund 200 Vertreterinnen und Vertreter aus verschiedenen Lebensbereichen geladen – etwa von Rat und Verwaltung von 1972, von Vereinen, Verbänden, Kirchengemeinden, Schulen und Kindergärten, die Preisträgerinnen und Preisträger der Ehrenamtsgala „Tag des Anstoßes“, Delegationen aus den Partnergemeinden oder die gewählten Mitglieder des heutigen Gemeinderates.
Grüße aus „Osnabrück und umzu“
Ihre Glückwünsche überbrachten Osnabrücks Oberbürgermeisterin Katharina Pötter und Landrätin Anna Kebschull. Mancher, der sich dazu berufen fühle, würde heute noch fragen, warum Wallenhorst damals nicht von Osnabrück eingemeindet worden sei, berichtete Pötter und stellte fest: „Die Frage allein ist schon ein Kompliment. Denn niemand würde fragen, wenn sich Wallenhorst nicht so positiv entwickelt hätte.“ Ihr sei eine reibungslose und von Respekt geprägte Zusammenarbeit auf Augenhöhe mit den Umlandgemeinden wichtig. „Denn an den Grenzen der Gebietskörperschaften machen wir in der Region unser Lebensgefühl nicht fest.“ Wallenhorst und Osnabrück würden in guter Nachbarschaft leben, quasi „mit dem Piesberg als Gartenzaun“. Dem schloss sich Kebschull nahtlos an: „Unsere Arbeit ist gute Arbeit, wenn die Menschen gar nicht merken, wo die Grenzen sind.“ Die Region Osnabrück sei wirklich lebenswert. „Wir haben Gemeinden, die alles bieten. Und eine gewisse Rivalität kann ja auch sehr befruchtend sein.“
Kleines Schaufenster in die Geschichte
Höhepunkt des Abends war ein „Interview mit Zeitzeugen“, in dem Christian Böwer – der den Festakt in gewohnt charmanter Weise moderierte – mit Gemeindedirektor a.D. Hugo Pott, den ehemaligen Ratsherren Heinrich Bresser und Hans Stallkamp sowie dem ehemaligen Verwaltungsmitarbeiter Franz-Joseph Hawighorst über die Zeit um 1972 und die Entstehung der heutigen Gemeinde Wallenhorst plauderte. Es habe viele Verbindungen zwischen Hollage und Pye gegeben, wie gemeinsame Vereine, den Piesberg als Arbeitgeber und die heute noch bestehende gemeinsame Wasserversorgung, berichtete Pott. Daher habe es in Hollage den Wunsch nach einem Zusammenschluss mit Pye gegeben. Als Zugereister sei er weniger emotional an die Sache gegangen, erklärte Bresser. In Rulle habe man eher Richtung Icker geschaut. „Wir hatten ja auch viel Platz dazwischen.“ Eine so kleine Einheit hätte aber nicht gereicht, um eine bürgernahe Verwaltung aufzubauen. In Wallenhorst war der Blickwinkel noch ein anderer: „Hollage und Pye, Rulle und Icker – das passte irgendwie nicht. Wir hatten ja auch noch das Kirchspiel Wallenhorst“, erklärte Stallkamp und resümierte: „Letztlich wurden Hollage, Wallenhorst, Lechtingen und Rulle zusammengeschlossen und es hat bis heute gehalten.“
Plattdeutsch hilfreich
Aus der Praxis nach dem Zusammenschluss berichtet Hawighorst, der in jungen Jahren die Fusion der vier Gemeinden in der Verwaltung begleitete. So seien etwa Straßennamen zu ändern gewesen, die es in jedem Ortsteil gab. „Ich habe viel mit den Menschen gesprochen. Geholfen hat mir dabei, dass ich Plattdeutsch verstanden habe.“ Ziel sei es dann gewesen, „dass wir ein kleines Städtchen im Grünen kriegen mit etwa 25.000 Einwohnern“, berichtete Pott. Daher seien große Baugebiete ausgewiesen, das Gewerbegebiet erweitert und die Realschule gebaut worden. Mit Blick auf die Uhr dankte Böwer letztlich seinen Gesprächspartnern: „Den Rest besprechen wir dann nachher beim Bierchen.“
Liste falscher Kerle
Für eine auflockernde musikalische Begleitung des Festaktes sorgte die Wallenhorster Sängerin und Komponistin Johanna Schmoll. So interpretierte sie passend zur damaligen „Brautschau“ der Gemeinden vor 1972 den Song „Liste falscher Kerle“ aus dem Musical Kinky Boots oder mit Blick auf die beschworene Zusammenarbeit in „Osnabrück und umzu“ den Titel „Ain’t No Mountain High Enough“. Da der Piesberg nicht über alpine Ausmaße verfügt, dürfte dieser einer zusammenwachsenden Gemeinschaft ohnehin nicht im Wege stehen.
wa/pm, Fotos: Angela von Brill / Gemeinde Wallenhorst